Waldbaden und Natur erleben
Laut dem Ethnobotaniker und Pflanzenguru Wolf-Dieter Storl (dem ich einmal bei einem Spaziergang und Vortrag über die Pflanzen am Wegesrand im Wald begegnen durfte) ist der Wald unsere ursprüngliche Heimat. Er sagt: „Der Wald ist unsere Heimat. Bei den Kelten, Germanen, Balten und Slawen galt der Wald als heilig. Man fühlt sich wohl und geborgen im Wald. Der Wald ist eine Heimat der Seele.“
Erforscht ist auch die Wirkung der Savanne, wo wir uns ebenfalls sehr wohl fühlen. Sie besteht aus Grasland, mit einige Bäumen und Baumgruppen auf den Wiesen. Die Savanne bietet weite Sicht auf mögliche Gefahrenquellen, während der Wald uns guten Schutz vor möglichen Gefahren bietet. Wir fühlen uns sicher und geschützt, können aufatmen und uns entspannen.
Darüber habe ich auch während meiner Ausbildung zur Expertin für Gartentherapie gelernt. Der Garten wirkt ähnlich wie der Wald, wobei beim Wald noch einige weitere Komponenten dazu zu kommen scheinen. Darüber gleich mehr. Im Bereich der Gartentherapie wird weiter geforscht, um die offenkundig wohltuende Wirkung des aktiven Arbeitens mit Pflanzen, aber auch des passiven Genießen von Natur, wissenschaftlich zu untermauern.
Im Jahr 1984 wurde eine Studie publiziert, bei der PatientInnen untersucht wurden, die im Krankenhaus-Bett nach einer Gallenblasen-Operation aus dem Fenster entweder auf eine Wand oder auf einen Baum blicken konnten (Roger Ulrich Studie "View Through a Window May Influence Recovery from Surgery") Na, was soll ich sagen? Es war ein signifikanter Unterschied zwischen beiden Gruppen! Die Patienten mit dem Blick ins Grüne benötigten weniger Schmerzmittel, es gab weniger Komplikationen und sie konnten im Durchschnitt einen Tag früher aus dem Krankenhaus entlassen werden.
Auch die beiden Psychologen Rachel und Stephen Kaplan haben einiges zu dem Thema geforscht. Der Aufenthalt in der Natur stärkt die Aufmerksamkeit, da wir von der Schönheit der Natur leicht zu faszinieren sind. Wir fühlen uns wacher. Zugleich können wir leichter von unseren Alltagssorgen ablassen und so entspannen. In der Natur wird unsere Stimmung aufgehellt, was uns auch gesünder macht.
In Japan wird seit dem Jahr 1982 "Shinrin Yoku", das Baden im Wald propagiert und seine Auswirkungen auf die körperliche und mentale Gesundheit untersucht und erforscht. Japan besteht aus einige großen Städten, die dicht bebaut sind, aber auch zu 67 Prozent aus Waldfläche. Die Studien in Japan konnten jedenfalls zeigen, dass der Aufenthalt im Wald stressreduzierend und stimmungsaufhellend wirkt.
Dafür verantwortlich sind Phytonzide, flüchtige Verbindungen und Duftstoffe die Pflanzen ausströmen, um Bakterien, schädliche Pilze und Insekten abzuwehren. Wenn wir diese Abwehrstoffe einatmen, lösen sie bei uns ein Gefühl der Ruhe aus, senken den Blutdruck, verringern das Stresshormon Cortisol und verbessern die Herzfrequenzvariabilität, die sich durch Stress reduzieren kann. Die Phytonzide sollen auch positiven Einfluss auf die Anzahl und Aktivität der natürlichen Killerzellen haben, die Krebszellen bekämpfen helfen. Diese Einfluss hält sogar noch 7 Tagen nach dem Waldbesuch an!
Die Terpene, die auch zu diesen Abwehrstoffen gehören, sind feine ätherische Öle, manchmal als harziger Wohlgeruch im Wald wahrnehmbar. Diese Terpene nehmen wir bei einem Waldspaziergang über unsere Atmung und die Haut auf.
Der ganze Wald ist wie eine organische Einheit miteinander verbunden. Eine Kommunikation findet über die Phytonzide statt, scheinbar auch mit unseren Zellen. Unter der Erde sind die Bäume auch noch über das Myzel der Pilze miteinander verbunden. Diese leiten Nährstoffe und Wasser zu den Bäumen und scheinbar auch Informationen. Auch durch den Luftaustausch sind wir Teil dieser organischen Einheit. Wir nehmen den produzierten Sauerstoff der Pflanzen auf und geben ihnen unser produziertes Kohlendioxid.
Nach dem Leben mitten in der Stadt, wohne ich nun glücklicherweise wieder in unmittelbarer Umgebung des Wienerwalds, einem Mischwald der die Stadt Wien umgrenzt. Dies haben wir Josef Schöffel zu verdanken, der sich für den Erhalt des Waldes in den 1870-iger Jahre stark machte.
Jetzt ist eine gute Zeit, um mal wieder raus zu gehen, den weichen Waldboden zu berühren, die würzig frische Waldluft - im Frühling mit dem frischen Blütenduft, im Herbst mit einer leicht modrigen Note, jedenfalls immer angefüllt mit den heilsamen ätherischen Duftstoffen - tief ein zu atmen, dem Vogelgezwitscher zu lauschen, die eifrigen Eichhörnchen beim Sammeln zu beobachten, vielleicht selbst die eine oder andere Blume oder Nuss einzusammeln und die Seele im Einklang schwingen zu lassen.
Ich wünsche euch genussreiches Waldbaden